UNSERE PUBLIKATIONEN

29.12.2022
STREIKEN BIS ZUM UMSTURTZ
„... Auch wenn das Mullah-Regime die Schrauben der Repression gegen die eigene Bevölkerung immer weiter anzieht und bereits Todesurteile gegen Demonstranten gefällt und vollstreckt, lassen sich die Menschen offenbar nicht länger von der rohen Gewalt der Islamisten einschüchtern. Dabei ist Der Widerstand der Iraner*innen ausgesprochen vielschichtig. In den Nachrichten über die anschwellende Revolution kommt eine Dimension des Widerstands jedoch regelmäßig zu kurz: die Streiks. Seit September hat es immer wieder groß angelegte Arbeitsniederlegungen gegeben, zuletzt im Dezember 2022 einen dreitägigen landesweiten Generalstreik, der, so scheint es, von der großen Mehrheit befolgt wurde.
Welche Bedeutung haben diese Streiks für die Proteste, welche Rolle spielen die Arbeiter*innen im Rahmen des Widerstands? Das Woman*-Life-Freedom-Kollektiv geht für uns dieser Frage vor dem Hintergrund der historischen Streikerfahrungen der iranischen Bevölkerung auf den Grund ... "

03.04.2023
DIASPORISCHER AKTIVISMUS WÄHREND DER JINA-REVOLUTION
Dieser Text ist ein Versuch, einen Beitrag zu einem Raum zu leisten, in dem verschiedene Aktivistengruppen kritisch und solidarisch diskutieren können. Ausgangspunkt des Textes sind die von einzelnen Personen in den sozialen Medien erhobenen Vorwürfe gegen das Kollektiv.
Mit diesem Text verfolgen wir zwei Ziele: Einerseits sehen wir die Vorwürfe gegen unser Kollektiv als Gelegenheit, einige unserer entscheidenden politischen Positionen zu diskutieren und zu verhandeln, die die Ausgangspunkte unseres diasporischen Aktivismus während der Zeit des Jina markieren -Revolution (Teil 1). Unser zweites Ziel ist es, unsere Perspektiven auf die Ereignisse der vergangenen Monate in das aktuelle Narrativ in den sozialen Medien über das Kollektiv einzubringen (Teil 2).
Wir beginnen damit, unsere politischen Prämissen und Positionen zu identifizieren, die in Arbeit sind und sein werden. Dieser Prozess hat nicht mit diesem Text begonnen und endet hier nicht. Die folgende Umsetzung ist daher als eine momentane Momentaufnahme dieser Arbeit, unserer politischen Positionen, zu interpretieren.
JIN*
*زن
FRAU*
*جنین
FEMME*
*المرأة

10.10.2022
UNSER ERKLÄRUNG ZUR REDE VON JÜRGEN BRAUN
Aus gegebenem Anlass: Unser Statement Zur Rede von Jürgen Braun am 29. September: wir brauchen eure faschistische Solidarität nicht
Jürgen Braun, der vermeintliche „Iranexperte“ der AfD, hat sich am 29. September im Bundestag über die aktuellen Proteste im Iran geäußert. Wir iranisch-diasporischen Aktivist*innen, die sich mit den Protestierenden im Iran solidarisieren, sagen zu Brauns Aussagen: Wir wollen die Solidarität einer rassistischen, antifeministischen, völkisch-nationalistischen, extrem rechten Partei nicht!
Die Rufe der Menschen auf den Straßen Irans in diesen Tagen sind sehr eindeutig: Jin, Jiyan, Azadi! Die Proteste der vergangenen drei Wochen richten sie so explizit wie noch nie gegen eine patriarchalisch-nationalistische Herrschaft, die seit über 40 Jahren Frauen*, LGBTIQ+*, Arbeiter*innen, rassifizierte Gruppen und andere gesellschaftliche Minderheiten im Iran auf gewaltvolle und menschenfeindliche Weise marginalisiert, verfolgt und strukturell unterdrückt. Ungeachtet der Rufe der protestierenden Menschen im Iran hat Jürgen Braun jedoch die Motive der Protestierenden mit einer äußerst schönen Urvergangenheit assoziiert, mit einem einst existierenden „großen Reich“. Braun spricht vom „stolzen persischen Volk“. Währenddessen werden unsere kurdischen, arabischen, türkischen und belutschischen Geschwister im Iran auf brutalste Weise ermordet – und zwar genau aufgrund jener faschistischen Ideologie von einem vermeintlichen „Großreich“. Eine fiktive Vorstellung, die sich seit Jahrzehnten unter rechtspopulistischen und rechtsextremen Gruppen in Deutschland großer Beliebtheit erfreut. In seinem „historischen“ Exkurs stellt Jürgen Braun zwar nur zwischen „Linken“ und Muslim*innen Zusammenhänge her.
Seine zahlreichen Bezüge auf das Judentum in einer so kurzen Rede verraten aber, dass Brauns Verschwörungserzählung nicht nur auf rassistischen und antilinken Ideologien beruht, sondern auch auf antisemitischen. Gegen die ersten beiden gesellschaftlichen Gruppen vermag er offen zu hetzen. Bei den Juden*Jüdinnen beginnt er sich noch mit scheinbar neutralen, aber zahlreichen Erwähnungen. Eine geschickte Sprachstrategie, wohl wissend um die offizielle Ächtung von Antisemitismus in Deutschland. Doch auch seine Sprachstrategie verdeckt den antisemitischen Charakter seiner Ausführungen vor dem Bundestag nicht. Das alles verurteilen wir mit größtem Abscheu.
Wir sind uns über die Gefahr der rechten, nationalistischen und antifeministischen Narrative in solchen historischen Momenten wie jetzt bewusst. Aus diesem Grund lassen wir es nicht zu, dass die Leichen unserer Geschwister der vergangenen 43 Jahre, der vergangenen 3 Wochen im Iran für die rassistischen, trans- und queerfeindlichen und frauenfeindlichen Ideologien rechter Parteien, wie die der AfD instrumentalisiert werden. Nicht in unserem Namen und nicht auf unserem Rücken. Wir brauchen eure faschistische Solidarität, die nur selektiv die Würde des Menschen anerkennt, nicht.